Die Revolution, die Revolution, die Revolution   - schläft nie!

Über eine Ausstellungsstück:


„Deutschland du bist fett geworden!“

Ja - „Deutschland du bist fett geworden“ ist nicht etwa eine Feststellung, welche auf die Problematik steigender Zahlen von Übergewichtigkeit einer Industrienation hinweist, - nein! – „Deutschland du bist Fett geworden“ ist vielmehr die zu einer Frage passende Antwort, welche aber nie gestellt wurde. Es ist die Frage nach den Utopien, die Frage nach den Zielen und den hohen Idealen – kurz um - der Dynamik einer Gesellschaft. - Und es ist genau diese Frage, welche der Satz „Deutsch du bist Fett geworden!“ dem Betrachter wieder ins Bewusstsein führt. Die Arbeit bewegt sich dabei bewusst im Feld junger deutscher Geschichte und eröffnet eine Diskussion um Dynamik, gesell-schaftliche Ziele und Utopien, indem sie dem Betrachter einen Ist-Zustand vor Augen ruft. Die Arbeit soll damit anregen neu über die eigenen Ziele und die Ideale einer Gesellschaft nachzudenken. – So setzt „Deutschland du bist Fett geworden“ nicht an der Ober-fläche, sondern viel tiefer an der untersten Hautschicht an, setzt dort an, wo dieses Gewicht nicht zu sehen und die diagnostizierte Beleibtheit nur zu erahnen ist.


Entsprechend wandert die Arbeit durch die deutsche Nachkriegs-geschichte und beginnt dort, wo auch die Geschichte Deutsch-lands neu begann und mit ihr auch die Frage nach den Idealen neu gestellt werden sollte.

So kommt die Arbeit zu dem Schluss, dass das, was noch mit dem großen Fressen, dem Nachholbedarf der fetten Nachkriegs-jahre eines Marshall-plangestützten Wirtschaftswunders und der großen Dynamik eines Wiederaufbaus in den 50er Jahre begann, sich schon bald zum unangenehmen Aufstoßen aus Studenten-bewegung und deutschem Herbst wandeln sollte. Doch das große Fressen hielt noch weiter an. Und so kündet der Niedergang der „Studentenbewegung“, das Scheitern der „großen Revolutionären“, das Abebben der „Antiatomkraftbewegung“ und schließlich die „Wiedervereinigung“, die nach deren Bilanzierung durch die Mehraufwendung aus dem Staatshaushalt zu einer „roten Zahl“ am Ende des kalten Krieges werden sollte – man ist wohl etwas träge geworden. Denn was bleibt nach allem – wie auch immer geartetem – manchmal utopischem Denken, den großen Zielen und dem politischen Idealismus ist doch nur der Untergang dieser Ideale in der Beleibtheit aus Taktierung und politisch korrekter Kompromisslösung. So ist sie schnell dahin, die sportliche Dynamik der großen Ziele. Denn vergessen sind die schlanken Ideale in der Angst vor „Terror“, „Arbeitsplatzverlust“, „sozialem Abstieg“, der „Globalisierung“, einer „steigenden Staats-verschuldung“ und „Wirtschaftskrisen“ - es sind die Schlagworte, die Gewichtigkeiten unserer Zeit. 


So erklärte sich selbst die „große Revolutionäre“ für veraltet, Baader und Meinhof wurden zum Modelabel verklärt, Joschka Fischer – eingeholt von aller politischen Realität - wurde zum Anzugträger, die Friedensbewegung und Anti-Irak-Kriegs-Demos wurden zu einer MTV-Modeerscheinung, die Tibet-Frage zu einer Wirtschaftsdebatte, die Einschränkung der Pressefreiheit zu einem humoristischen Einspieler am Rande eines europäischen Musikpreises und die Krise des Kapitalismus zum verlässlichen Begleiter in der modernen Arbeitswelt. Es ist die Stagnation gesellschaftli-cher Ziele und Stagnation ist nun Programm! Doch im Bewusstsein der eigenen Antriebslosigkeit und Bewegungs-unfähigkeit der in den Ängsten einer Krise verlustig gegangenen Ideale wird nun wieder mobil gemacht zum Wiederaufbaupro-gramm - der Fitnesskur eines amerikanischen „YES WE CAN.“ Jedoch trotz aller neuen und herbeigesehnten Dynamik bleibt die Berichterstattung über dieses „historische Ereignis“ diese letzte und entscheidende Frage schuldig: Was können wir denn?


So ist, was letztlich bleibt, die Feststellung - die Revolution schläft nie - gestickt auf einem Kissen - Ausstellungsstück für unsere Zeit.



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